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Naturschutzgebiete Mainzer Sand und Lennebergwald 2006

Exkursionsgebiet: Naturschutzgebiete* Mainzer Sand und Lennebergwald
Datum: 09.11.2006
Exkursionsleiter: Daniel Groß
Exkursionsteilnehmer: Willi Marchina, Winfried Schmitt, Armin Nilles, Peter Barth, Hans- Werner Graß, Armin Groß, Daniel Groß
Fundliste: xls
*einmalige Exkursions-Genehmigung

Unsere Begehung des Mainzer Sand war schon eine Exkursion der besonderen Art, die deshalb auch einiger Worten mehr bedarf.

Anlass der Exkursion
Angeregt wurde diese Exkursion von Daniel Groß, der in Mainz studiert und den Mainzer Sand und seine Pilze schätzen lernte. Freundlicherweise erhielt Daniel für unsere kleine Arbeitsgemeinschaft eine einmalige Genehmigung für diese mykologische Exkursion.
 
Zu den Exkursionsgebieten
Der Mainzer Sand zählt zu den bedeutendsten Naturschutzgebieten in Europa.
Reste eines Kalkflugsandgebietes aus der letzten Eiszeit führten hier zu einer europaweit einzigartigen Steppenvegetation, wie sie noch in den Steppen Südrusslands zu finden ist. Wir finden hier Steppenpflanzen und auch submediterrane Arten.
Der Boden des angrenzenden Lennebergwald ist ähnlich wie der Mainzer Sand sehr trocken, sandig und hat eine hohe Bodentemperatur. Wir finden hier vornehmlich Kiefern aber auch Eichen und Robinien sowie eine Trockenrasenflora ähnlich dem des Mainzer Sand.
Was die Pilze betrifft, veröffentlichte 1987 Gerlinde Hausner eine Arbeit über die Pilzarten des Mainzer Sand. Die Artenzahl des Mainzer Sand soll, nach ihren eigenen Angaben, erheblich größer sein als die ca. 140 aufgeführten Pilze in ihrer Arbeit.
 
Exkursion und Funde
Die außergewöhnliche Landschaft mit den sanften Sandhügeln und vereinzelten Kiefern faszinierte uns alle. Wir hatten das Gefühl, uns in einer fremdartigen Landschaft zu bewegen. Armin Nilles drückte es treffend aus, als er sagte, er fühle sich an die Exkursionen der JEC- Tagung 2005 in Spanien erinnert.
Aufgefallen ist uns, dass sich der Weißdorn im Mainzer Sand sehr bedenklich ausbreitet und das Gebiet zu verbuschen droht.  Hier ist unbedingter Handlungsbedarf erforderlich!
Wie nicht anderes erwartet, hielt sich die Artenzahl in diesem Flugsandgebiet in Grenzen, aber dafür wurden wir mit einigen für uns interessanten und seltenen Arten belohnt. In unserer Fundliste (>siehe oben) sind ca. 30 Arten für die beiden Exkursionsgebiete festgehalten.
 
Tubaria dispersa, der Gelbblättrige Trompetenschitzling, ist ein charakteristischer Begleitpilz des Weißdorns. Auffallend sind seine entfernt stehenden, leuchtend gelben Blätter.
Leucoagaricus badhami, der Anlaufende Egerlingsschirmpilz, wird keiner von uns vergessen. Seine rotbraune bis schwärzliche Verfärbung an Druckstellen und eine schnelle dunkelrote Verfärbung nach Verletzungen charakterisieren diesen Pilz. Wir fanden mehrere Exemplare unter Büschen auf dem Waldfriedhof zwischen dem Mainzer Sand und Lennebergwald.
Chamaemyces fracidus, der seltene Fleckende Schmierschirmling, aus dem Lennebergwald gab uns lange viele Rätsel auf, weil er durch die Trockenheit nicht schmierig war. Auch die Ringzone war nur schwach vorhanden. Unsere Vermutung ging in Richtung Ritterling (siehe Foto, Habitus und Lamellen). Bei der mikroskopischen Überprüfung durch Armin Groß, zeigte sich jedoch anhand der auffallenden Zystiden (>Foto), dass ein Ritterling nicht in Frage kam. Trotzdem blieb uns die Gattung noch ein Rätsel. Die Auflösung brachte uns der Tipp "Chamaemyces" im Pilzeforum. Nochmals ein  Dankeschön an dieser Stelle an Rudi Markones. Anzumerken wäre noch, dass der seltene Fleckende Schmierschirmling der einzige Vertreter in der Gattung Chamaemyces ist.
Calocybe ionides var. obscurissima oder auch C. obscurissima, der Düstere Schönkopf bzw. braune Var. des Veilchenblauen Schönkopfs, war ein schöner Fund von Peter Barth auf dem Friedhof und zugleich auch ein Erstfund für uns alle. Abbildung und Beschreibung siehe auch Kr. Bd. 3, Seite 145. Der erste Tipp Calocybe kam von Hans- Werner Graß.
 
Erdsterne und Stielboviste
Daniel Groß hatte sich im voraus ein wenig mit Tulostoma und Geastrum beschäftigt, so dass wir von ihm einige grundlegende Informationen zu diesen Gattungen bekamen. Definitiv gefunden wurden bei dieser Exkursion:
Geastrum triplex, der Halskrausen-Erdstern, im Mainzer Sand und Lennebergwald, Geastrum schmidelii, der Kleine Erdstern, im Mainzer Sand und Tulostoma fimbriatum, der Gewimperte-Stielbovist, im Mainzer Sand.
Nachtrag 28. Feb. 2008: Tulostoma brumale und Tulostoma melanocyclum wurden beim Mikroskopiertreffen vom 13.-15.Feb. 2008 mikroskopisch nachgeprüft >siehe sep. Bericht
 
Bestimmungshinweis zu G. schmidelii  (Zusammenfassung der Ergebnisse> pdf  Datei Daniel Groß)
Bei der Bestimmung von G. schmidelii hat Daniel Groß auf eine wichtige Schlüsselfrage hingewiesen, die wir hier an unseren Fotos gut nachvollziehen können.
Bei der Beurteilung der Schlüsselfrage, ob gestielte oder ungestielte Endoperidie, muss unbedingt die Frische des Fruchtkörpers beachtet werden. Der Stiel wird oft erst beim Tocknen sichtbar. G. schmidelii gehört zu den Erdsternen mit gestielter Endoperidie, was auf dem ersten Bild (>Foto10a) am frischen Fruchtkörper absolut nicht zu erkennen ist. Auf dem zweiten Foto (>Foto10b) hat der Stiel sich unverkennbar ausgebildet. Dieses zweite Bild zeigt den selben Pilz über 1Jahr später im Februar 2008 als Exsikkat. Zur Korrektheit der Fotos noch der Hinweis, dass die beiden "Frischbilder" bei der Vorbegehung (Daniel + Armin) aufgenommen wurden. Unabhängig von dem gezeigten Fund wurde auch ein weiteres Exkursionsexemplar G. schmidelii von Willi Marchina nachträglich überprüft.
Nachtrag 28.Febr. 2008: G. schmidelii wurde beim Mikroskopiertreffen vom 13.-15.Feb. 2008 mikrosk. nachgeprüft > siehe sep. Bericht

Bovista tomentosa, der Filzige Bovist ist ein teilweise im Boden eingesenkter kleiner Bovist, der leicht büschelig wächst. Er wurde erst nachträglich bei unserem Mikroskopiertreffen am 16.-18. November von Willi Marchina und Peter Barth bestimmt. Mikroskopisch interessant sind die großen, trichterförmigen Poren im dickwandigen Capillitium. Bestimmungsliteratur: KrBd2S131 und Bauchpilze in der BRD von Groß/Runge/Winterhoff. B. tomentosa ist ein seltener Bovist trockener, kalkhaltiger Böden und kommt hauptsächlich in der nördliche Oberrheinebene vor. Weitere Hinweise siehe Bericht vom Mikroskopiertreffen am 16.-18.Nov 2006. 

Hygrocybe conicoides, der Rotblättrige Dünensaftling, wurde von Willi Marchina nachbestimmt. Er wurde schon in der Aufzeichnung von Gerlinde Hauser erwähnt und soll seinen typischen Standort  im Küstenbereich bei begrasten Dünen besitzen.
 
Ein interessanter Fund machte am Schluss unserer Exkursion noch Willi Marchina  auf dem Waldfriedhof. Die erste Vermutung war Helvella spadicea bzw. H. monachella. Eine mikroskopische Überprüfung durch Willi Marchina führte zu der seltenen Weißlichen Lorchel, Helvella albella, (>> Jürgen Häffner, Die Gattung Helvella, Seite 108-115 + RH Seite 619). Laut Literatur grenzt sie sich u.a. durch zierliche Wuchsform und ihr Vorkommen im Herbst von H. spadicea/ monachella ab. Vielleicht können wir später noch ein Foto von Willi Marchina zu Helvella albella einstellen.
 
Interessante, aber unbestimmte Funde
Geastrum smardae wird z. Zt. von Willi Marchina noch unter Vorbehalt geführt. Vielleicht kann er ihn später noch endgültig bestätigen.
Den von Daniel Groß vermuteten Dünenfaserling, Psathyrella ammophyla, können  wir leider auch nur als "unsicher" betrachten, weil er mikroskopisch nicht überprüft wurde und auch keine Bilder und Exsikkate vorhanden sind.
 
Fotos

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03a_tubaria_dispersa_ga
Gelbblättriger Trompetenschnitzling
charakterischer Begleitpilz des Weißdorns
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03b_tubaria_dispersa_ga
Gelbblättriger Trompetenschnitzling
charakterischer Begleitpilz des Weißdorns
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03c_dipersa_sporen_ga
Gelbblättriger Trompetenschnitzling
Seine feinwarzigen Sporen sind auf
diesem Foto kaum erkennbar
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03d_dispersa_zystiden_ga
Cheilozystiden blasen-keulenförmig
Gelbblättriger Trompetenschnitzling
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Anlaufender
Egerlingsschirmpilz
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04b_leucoagaricus_badhamii_ga
Anlaufender
Egerlingsschirmpilz
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05a_tulostoma_melanocyclum1a_ga
Mikroskopisch nachgeprüft beim
Mikrotreffen Thailen Feb 2008
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05b_tulostoma_melanocyclum1a_ga
Mikroskopisch nachgeprüft beim
Mikrotreffen Thailen Feb 2008
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06a_tulostoma_brumale2a_ga
Mikroskopisch nachgeprüft beim
Mikrotreffen Thailen Feb 2008
06b_tulostoma_brumale2b_ga.jpg
06b_tulostoma_brumale2b_ga
Mikroskopisch nachgeprüft beim
Mikrotreffen Thailen Feb 2008
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06c_calocybe_carnea_ga
Fleischrötlicher Schönkopf
06d_calocybe_carnea_ga.jpg
06d_calocybe_carnea_ga
Fleischrötlicher Schönkopf
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07a_calocybe_iionides_obscurissima_ga
Düsterer Schönkopf
C. obscurissima =
braune Varietät des
Veilchenblauen Schönkopfs
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07b_calocybe_ionides_var.obscurissima_ga
Düsterer Schönkopf
C. obscurissima =
braune Varietät des
Veilchenblauen Schönkopfs
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08a_chamaemyces_fracidus_ga
Fleckender Schmierschirmling
einzige Art der Gattung Chamaemyces
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08b_chamaemyces_fracidus_ga
Fleckender Schmierschirmling
einzige Art der Gattung Chamaemyces.
Man beachte den ritterlingsartigen
Lamellenansatz
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08c_fracidus_sporen_ga
Fleckender Schmierschirmling
Sporen elliptisch, glatt
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08d_fracidus_zystiden_ga
Auffallende Zystiden
flaschenförmig, bauchig, keulig
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09a_geastrum_triplex_ga
Halskrausen-Erdstern
vor dem Aufreißen der
kragenartigen Aufstülpung
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09b_geastrum_triplex_ga
kugelförmig-blasenartige Endoperidie
mit gefranstem Peristom und hellerem Hof
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09c_geastrum_triplex_ga
typische Halskrausen-Erdsterne
mit kragenartiger Aufstülpung
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09d_geastrum_triplex_ga
Halskrausen-Erdstern
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09e_geastrum_spec_ga
unbestimmte ältere
trockene Erdsterne
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10a_geastrum_schmidelii_ga
Kleiner-Erdstern. Foto von Vorbegehung
Stiel der Endoperidie am frischen Fruchtkörper
noch nicht ausgebildet. Siehe nächstes Foto mit Stiel!
> vergl. Kriegelst. Bd2, Seite118
10b_geastrum_schmidelii_ga.jpg
10b_geastrum_schmidelii_ga
Kleiner-Erdstern. Derselbe Fruchtkörper wie Bild
10a, jedoch 1 Jahr später als Exsikkat
Stiel der Endoperidie jetzt gut ausgebildet.
Die Längsrippung am Grunde der Exoperidie
passt eher zu pectinatum, wobei sie nur auf
dieser Seite des Exsikkats zu sehen war.
>siehe nächstes Bild mit anderer Seite
ohne Rippen. Am frischen Fruchtkörper wurden
nach Ausbildung des Stiels keine Rippen festgestellt
>mikrosk. nachgeprüft Feb. 08 > i.o.
10c_geastrum_schmidelii_ga.jpg
10c_geastrum_schmidelii_ga
Rückseite des Exsikkats im Gegensatz
zum vorigen Bild ohne Rippen am Fuße
der Endoperidie. Eventuell sind die Rippen
trocknungsbedingt entstanden (?)
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10d_geastrum_schmidelii_ga
Heide- oder Kleiner- Erdstern
im frischen Zustand
Peristom mit deutlich abgegrenztem
gefurchten Kegel
10e_geastrum_schmidelii_ga.jpg
10e_geastrum_schmidelii_ga
Die deutliche Abgrenzung mit Ringwall
am Fuße des Peristom, hier noch am Exsikkat
gut sichtbar, ist ein wichtiges Trennmerkmal
gegenüber G.pectinatum. (H.Dörfelt "Die Erdsterne")
11_lactarius_sanguifluus_ga.jpg
11_lactarius_sanguifluus_ga
Weinroter Kiefernreizker
Milch sofort wein(braun)rot
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13b_spec_ga
unbestimmt
eventuell nur Birnenstäubling?

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